Abb: © Jutta Mirtschin, Seiltänzerin Ausschnitt, Cover LP Gerhard Schöne

Abb: © Jutta Mirtschin, Seiltänzerin Ausschnitt, Cover LP Gerhard Schöne
[the centre and the sense of balance]
1. Besondere Wahrnehmungen und Energien
2. Warum nicht nach der Wirkung suchen?
3. Im Rausch der Sinne
4. Übung: Sufi-Kreise
5. Flow
6. Trance – zufällig und bewusst (unvollständig)
7. Grenzüberschreitungen und Kontrolle
Qigong und Taiji-Übungen beschäftigen sich intensiv mit ganzheitlicher Körperarbeit. Das heißt unsere Wahrnehmung wird in vielfältigster Weise nicht nur trainiert, sondern auch stimuliert und sensibilisiert. So kommt es manchmal bei Beginnern, aber auch bei erfahrenen Übenden zu scheinbar »übersinnlichen« Wahrnehmungen.
Als Erstes wäre wichtig sich einzugestehen, dass viele Menschen auf dieser Welt mit ihren Sinnen Dinge wahrgenommen haben die »besonders« waren, die nicht sofort erklärbar sind. Es bedeutet, wir sind mit solchen Erlebnissen nicht die einzigen Wesen auf diesem Planeten. Und wir sollten vorsichtig mit unserer Bewertung sein.
Es ist nicht nur ein weites Feld für meine individuelle Erfahrung, sondern diese Erlebnisse stehen im Kontext meiner kulturellen, sozialen wie auch der religiösen und spirituellen Lebensansichten. Wir können diesen Rahmen von Historie und sozialer Eingebundenheit nie bei unseren Erlebnissen ausblenden. Denn in diesem Umfeld haben sich meine Lebenskompetenzen, Ressorcen und Wertungen entwickelt.
Als Zweites – wir können diesen Augenblick genießen, jedoch nicht eine Wiederholung erzwingen. Das wird schwierig. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und oft unterliegen wir dem Irrtum, dass ein Ereignis, das wir erlebt haben nur durch unsere Tatkraft möglich war. Leider kann es jedoch sein, dass unvorstellbar viele Einzelereignisse erst zusammenkommen mussten, um diese eine Wirkung zu erzielen.
Hiermit will ich eine wirklich schwer erarbeitete Leistung nicht schmälern. Ganz im Gegenteil. Ich bin immer dafür tatkräftig erworbene Fähigkeiten, als beispielhaft zu würdigen. Jedoch oftmals sind einige Wirkungen nur deshalb »besonders«, weil unsere Wahrnehmung und Aufmerksamkeit vorher so mangelhaft war. Und diese hat sich weiterentwickelt. Natürlich ist es wundervoll, wenn unsere Sinne beginnen sich endlich voll zu entfalten. Wieso jedoch, sollte das, eine besondere Leistung sein? »Unter den Lahmen ist der Humpelnde König…«
Wir betreten hier ein Feld, wo die schwer messbaren, nachweisbaren Wirkungen gepaart sind mit Wünschen, Hoffnungen, Sehnsüchten und auch mit Geschäftsinteressen. Betrachten ich Wirkungen im Taiji und Qigong, muss ich mir vergegenwärtigen, in einem esotherischen Umfeld von Zweifeln und Hohn, zu stehen, wo die Schulmedizin wie Prof. Hans-Peter Dürr es formulierte den Platz der Inquisition eingenommen hat, und die Alternativmedizin jede noch so kleine Beweiskette als Heldentat postuliert, obwohl sie in der weiten Welt verpufft, da die Kommunikation in den Händen der Pharmaindustrie liegt. Die populäre Verallgemeinerung möge mir verziehen werden, sie zeugt nur wo meine Sympathien liegen.
Ich empfehle sich auf Gold zu konzentrieren und den Geschwätzigen das Silber zu überlassen (proverbs/sprichwort: »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold«/»Talk is silver, silence is gold«). Hören wir weiter in uns hinein. Schärfen wir unsere Wahrnehmung, nutzen wir unsere Ressourcen. Das tut uns gut und ist gesund. Den Übenden die an ihre Grenzen stoßen, geben wir sachliche und wegweisende Hilfe.
Wenn wir mit gespannten Sinnen Dedektivarbeit leisten, sind wir nicht mehr beim Training unserer körperlichen geistigen Entwicklung. Diese Suche wird hauptsächlich kognitiv, also geistig vorangetrieben. Sie ist gepaart mit Messen, Vergleichen und Werten und lenkt uns ab. Diese Suche kann gezielt Frust, Ohnmacht und Demotivierung verursachen. Nützlicher wäre, sich auf erfolgreiche, positve Wahrnehmungen zu konzentrieren, damit wir sie wiederholen können. Das ist nur scheinbar eine ähnliche Herangehensweise.
Konzentriere ich mich mit Ärger, auf die Verspannung im linken Bein, kann ich vielleicht nicht spüren, dass meine rechte Hand sich gut anfühlt, entspannt und warm ist.
Beim intensiven Üben im Qigong wie auch im Taiji kann es geschehen, dass sich nach der Entwicklung von Wärme und dem Fließen von Energien/Qi, auch rauschähnliche Zustände ergeben.
Das Rauschen in den Wipfeln ist hier nicht gemeint, sondern eine Trancewahrnehmung die unsere Sinne überlasten kann.
An dieser Stelle dürfen wir nicht vergessen, dass unsere Gesellschaft seit den 60/70er Jahren eine vielfältige Erfahrung mit Rausch- und Drogenzuständen in allen Bevölkerungsschichten durchlebt hat. Diese Körpererfahrung ist so belastet und mit Tabu belegt, das man über einen »natürlichen« Rauschzustand (ohne Zuhilfenahme von Substanzen), kaum noch kommunizieren kann. Es schwingen Ängste, Zweifel, Unwissen, sowie auch Koketterie und Neugier in den Gesprächen mit und erschweren eine sachliche Herangehensweise an die körperliche Wahrnehmung.
Vor der neuzeitlichen Drogen- und Rauschmittelwelle, der 70er Jahre gab es in allen Zivilisationen Methoden, Rituale, Festlichkeiten um mit Rauschzustände bei Einzelpersonen und Gruppen gezielte Wirkungen hervorzurufen. Es war etwas Besonderes, Elitäres, wenn das Wissen um die Ingredienzien und Rezepte der Mittel geheim und nur wenigen zugänglich waren. Sobald dieses Wissen Allgemeingut war, wurde die Nutzung eine natürliche und folgte gruppendynamischen Prozessen (Feierlichkeiten, Saufgelage usw.). Deshalb muss es nicht gesund gewesen sein, gehört in diesem Zusammenhang jedoch in den Bereich sozialer und kultureller Gruppenphänomene.
Bewegungs- und Körperrituale (mit und ohne Rauschmittel) haben eine ebenso lange historische Vorgeschichte. Da einige solcher Rituale unter besonderen (oder gezielt herbeigeführten) Umständen in Trance und Rauschzuständen münden, wurden sie in religiösen Feier-, Beschwörungs-, Kampf- und Heilungs-Zeremonien benutzt, sowie um euphorische Glückszustände hervorzurufen.
Viele dieser Rituale balancierten ständig am Rande gesundheitsschädlicher Wirkungen und Abhängigkeiten. Eine Fortführung der euphorischen Gratwanderung finden wir heutzutage bei allen Kultur- und Fahrgeschäften, wo Fliehkräfte und Fallgeschwindigkeit mit menschlichen Gleichgewichts- und Urängsten spielen.
Im Taiji und Qigong lernen wir durch das Training der eigenen Körperwahrnehmungen die Grenzbereich solcher Effekte kennen und können sie dadurch werten, vermeiden oder wenn erwünscht auch bewusst provozieren.
Die einfachste Übung um sich an solch eine Grenzerfahrung heranzutasten, sind die Sufi-Kreise, die im Qigong ebenso wie im Yoga sehr beliebt sind.
Ein Grund ist die geschmeidige Mobilisierung der Wirbelsäule bei ruhiger Atmung. Die ausgeglichene motorische Rotation ist ein weiterer Aspekt der harmonisierend auf unsere Atmung und Emotion, also Körper und Psyche wirkt.
Aufrecht sitzend auf einem Ball, Stuhl, oder ebenerdig beginnt der Übende mit dem Oberkörper über dem Becken zu rotieren. Langsam im Einklang mit einer ruhigen Atmung kreisen wir und können nach einiger Zeit die Richtung und das Tempo variieren. Die aufrechte Position ist permanent – auch hier gilt, wir hängen am »Goldenen Faden«. Unser Kopf sollte König bzw. Königin unseres Körpers sein und somit »über den Dingen« schweben. Wir genießen die kühle Stirn und die Leichtigkeit.
Die Grenze dieser klaren Bewegung wird sofort wahrnehmbar (egal in welcher räumlichen Weite wir unsere Kreise ziehen), wenn unser Kopf die aufrechte Position verlässt. Fast unwillkürlich mit dem Sinken des Kopfes während der Rotation, wird eine Traumatisierung unseres Gleichgewichtssinns im Innenohr ausgelöst, die Schwindel, bzw. rauschähnliche Zustände in unserem Körper spürbar macht.
Die Stärke der Traumatisierung wird in Abhängigkeit von unserem Alter und unserer Bewegungserfahrung immer sehr unterschiedlich ausfallen. Mit Vorkenntnissen im Turnen, Wushu, Aikido, Judo, Ringen, Ninjutsu uund ähnlichen Sportarten werden diese Bewegungen kaum Verwirrung auslösen. Wenn die Mehrzahl der Interessenten meist nur aufrechte Bewegungserfahrungen in den vorangegangenen Zeiten erlebt haben, ist eine Überraschung wahrscheinlich. Eine Erfahrung, ganz ähnlich dem Besuch auf einem Volksfest, wo die Nutzung eines Karussels, oder eines Fahrgeschäftes mir die Wirkung von Fliehkraft und Gleichgewichtsverlust in Erinnerung ruft.
An dieser Stelle finden wir den Bezug zur bevorzugten, aufrechte Position im Kampfsport, sowie in der Selbstverteidigung. Erst trainingsintensive Körpererfahrungen ermöglichen den spielerischen Umgang der Bewegung im Raum, ohne die Körperachse »Himmel & Erde« zu beachten (zB: Ninjutsu, Wushu, Freefight u.a.).
Diesen körperlichen Zustand, diese Wahrnehmung, können wir in Ruhe, aber ebenso in einigen Bewegungsformen wiederentdecken. Hier findet man einen Ursprung der Anziehungskraft diverser, im Westen als alternative Bewegungsangebote bezeichneten Sport-, Tanz- und Fitnessarten, wie Taijiquan, Qigong, Yoga, selbst Aikido u.a. Es ist eine sehr individuelle Wahrnehmung, während der körperlichen Bewegung manchmal als »Flow« beschrieben. Auch bei Tätigkeiten, während der Arbeit oder in einem kreativen Schaffensprozess sind solche körperlichen Zustände beschrieben worden.
Das erstaunliche bei diesem Ereignis ist die individuelle Vielfältigkeit der möglichen, Wahrnehmungen. Einerseits wird eine völlige Freiheit von Kontrolle und äußeren Zwängen beschrieben, Leichtigkeit, Schweben oder Fallen ohne begleitende Ängste; Rotationen mit realen Körperbewegungen oder nur in der Fantasie, als geistige Vorstellung. Andererseits gibt es eine ähnliche »Grenzenlosigkeit«, bei menschlichen Prozessen der Arbeit, der Kreativität und der Bewegung. Hier ist die konzentrierte, geistige Aufmerksamkeit nicht ausgeschaltet, sondern Teil der Aktion.
Es ist kaum möglich diesen Augenblick der Euphorie oder auch Seligkeit, einen Partner zu erläutern um ihn einzubeziehen oder teilhaben zu lassen. Wir können höchstens eine Annäherung erreichen. Dieser Augenblick zeigt – wir sind auch »im Glück allein«.
Digitale Vernetzungskonzepte helfen Menschen mit ihren hochspezialisierten Sinnen nicht weiter – höchstens als Scifi-Gedankenspiel. (»Hochspezialisierte Sinne« – sind hier evolutionshistorisch gemeint, denn wenn wir einzelne Sinne der Lebewesen auf diesem Planeten ansehen, gibt es Millionen von ihnen die Sinne besitzen, die uns Menschen weit überlegen sind.)
Also wir können nicht genau fühlen, was unser Nachbar fühlt. Und er kann meine Gefühle und Sinneswahrnehmungen nicht ahnen. Er kennt nicht meine Befindlichkeit und ich kenn nicht die seine. Mit einiger Empathie kommen wir der Sache, möglicherweise nahe, aber wir werden es nie genau wissen. Und das ist in Ordnung. Denn seine Sinne, seine emotionale Befindlichkeit liegt nicht in meiner Verantwortung. Ich habe genug mit meinen Sinnen zu tun.
Die Leichtigkeit mit der heutzutage ein Zugang zu Rausch-, Schmerzmittel, sowie Bewusstseins beeinflussenden Medikamenten ermöglicht wird, oder einfach stattfindet ist verwunderlich und erschreckend.
Drogen- und Medikamentenmissbrauch soll hier aber nicht das Thema sein. Thema ist die weit verbreitete Erfahrung mit sinnes-verändernden, bzw. beeinflussenden Substanzen. Sei es durch ärztliche Anordnung, oder durch einen Kontakt während extremer Lebensphasen, in denen solche Substanzen über Trauer, Angst, Schmerz, Schlaflosigkeit und psych. Belastungsstörungen hinweggeholfen haben. Natürlich gehören auch die euphorischen Party-Ergänzungsmittel incl. Alkohol auf diese Liste.
Ohne Frage sollten diese Kontakte temporär bleiben, um nicht in Abhängigkeiten zu führen.
Denn das eigentliche Ziel (auch in diesem Artikel) ist, die Autonomie und Entwicklung unserer Persönlichkeit zu fördern, also unsere Lebensqualität verbessern.
Wenn wir eine natürliche physische Grenzerfahrung erleben (wie zB: bei den Sufi-Kreisen), ist es schwer möglich diese Sinneswahrnehmung von denen mit Substanzen herbeigeführten Verwirrungen zu unterscheiden.
Gleichgewichtsverlust ist eine lebensbedrohliche Wahrnehmung – wenn mich dieses Erlebnis fremd und überraschend ereilt. Angst (unbestimmte Situation) oder Furcht (identifizierte Situationen) können in diesem Moment natürliche Reaktionen sein. Der euphorische Moment, wenn wir in die Balance zurückkehren, die Mitte wiederfinden, kann ebenso eine sinnliche, lustvolle Wahrnehmung sein. Möglicherweise führen beide Ereignisse zu einem Spiel zwischen Risiko und Rückgewinnung der Kontrolle.
Erst die Erfahrung lehrt mich mit diesem Unbehagen und auch der Kontrolle, umgehen zu können. Die Balance in der Körpermitte zu erhalten bekommt durch die Grenzerfahrung einen neuen Sinn. Intuitiv wusste mein Organismus das schon immer. Nur mein Geist lernt langsamer, bis er versteht.
Erfahrene Übende der inneren Energiearbeit im Qigong und Taijiquan (auch Yoga u.a.) haben die Möglichkeit diese physische Mitte-Arbeit nur im Geiste zu praktizieren.
Einerseits um Atem und Energie/Qi zu lenken, aber auch um der physischen Sturktur, Ziele und Aufgaben mitzuteilen (zB: Spannungen lösen).
Die Qi-Atmung (auch andere Atemmethoden) hilft den Organismus mit mehr Sauerstoff zu versorgen und unorganisches Qi zu sammeln. Es geschieht dabei noch vieles mehr (Optimierung Atemfrequenz, Stabilisierung Kreislauf, Blutdruck, Wärmeaustausch usw.), jedoch als Besonderheit verbindet die Aufmerksamkeit hier die Außenwelt, mit unserer körperlichen Innenwelt. Eine schwierige Arbeit bei der vielleicht mit der Zeit, »Tausend Gedanken zu einem Gedanken« werden (Prof. Jiao Guorui).
Jeder erfahrene Taiji und Qigong Praktizierende kennt die Aufgaben: grober Körper – feiner Körper, grobes Qi – feines Qi, usw.; zur Entwicklung, Veredelung von Fähigkeiten und Qualitäten für Körper und Geist. Einfache Basis-Bewegungen und Übungen wie »Steigen & Sinken«, »Öffnen & Schließen«, »Zhangzhuang« werden mit der inneren Arbeit optimiert, soweit es in unseren Möglichkeiten liegt. Das Wahrnehmen und Öffnen der Energietore gehört ebenso zu den fortgeschrittenen Aufgaben. Das Ziel dieser Kultivierung wäre: Qigong, die Arbeit mit dem Qi hebt sich auf, wäre nicht mehr wichtig, da ich permanent in meiner Harmonie verweile und eine zusätzliche Verbesserung nicht mehr notwendig ist.
In den alten Überlieferungen wurden diese Ziele noch ein wenig weiter gesetzt, bis schließlich zur geistigen Vollendung, Unsterblichkeit, zum Aufstieg – eingedenk der eigenen spirituellen Passion.
Zurück zum Heute. Auf all diesen verschieden Hauptwegen und Nebenstraßen habe ich auch mit Unterbrechungen zu tun. Es gibt Blockaden und Schnellstraßen, es gibt Wunder der Wahrnehmung und Stagnation.
Eigentlich war uns klar, dass wir nicht sofort die Helden der Energiearbeit werden. Aber man wird es sich doch wünschen dürfen. All meine Vorstellungen und Erwartungen können mich leider ebenso behindern, wie der Wind der mein Qi verstreut. Der Wind ist ein Dieb!
Wir müssen keine Bedenken haben, sollten wir bei den großen Wolkenhänden ins Träumen geraten, oder wenn eine tiefe Atem-Übung mich in Trance versetzt. Fantasie, und Geist-Reisen werden seit 200 Jahren erfolgreich in der Psychotherapie eingesetzt und in der schamanischen Arbeit seit vielen Hundert Jahren. Heutzutage ist es nichts besonderes mehr, es ist ein Werkzeug.
»Der Kleine Energiekreislauf« (Qigong-Übung) ist ebenso ein phantastisches Werkzeug zur Qi Kultivierung, Verteilung, zur Entspannung und Heilung. Nehme ich einen Teilkreis dieser Übung und führe sie als Kreis-Atmung nur im Kopf durch, kann ich sehr starke Schmerzen und Migräne-Anfälle erfolgreich lindern. Es ist jedoch ebenso möglich mit dieser Kreis-Atmung im Kopf, das Fliegen zu lernen.
Während vieler Übungen der inneren Atem und Energie-Arbeit können solche wunderlichen Wirkungen Begleiterscheinungen meiner Wahrnehmung werden. Meistens zufällig, aber mit einiger Übung auch ganz bewusst herbeigeführt und erlebt. Es ist möglich innerhalb solcher Übungen die Grenze zwischen unserer bewussten und unbewussten Welt zu überschreiten. Bedenken sind hier nicht von Nöten, denn auch mein Unbewusstes gehört zu mir. Natürlich wäre es klug diese Übungen mit einem erfahrenen Coach durchzuführen.
Körperlichen Wahrnehmungen können während solcher Ereignisse von Wärme, Licht, Entspannung und Spannung, Schwitzen, Kribbeln bis zum Phantasieren und Träumen, oder dem Fluss von Energie reichen. Sie sind abhängig von meiner Erfahrung, meiner Tagesform und Achtsamkeit. Diese Voraussetzungen sind veränderbar, wie das Leben. Und wenn wir auf unserem Wege eine Pause benötigen zum Abdriften, für Muße oder Extase, so ist das auch in Ordnung, vorausgesetzt wir stehen danach mit frischer Intention auf und gehen weiter.
Die Halluzinogen-Experimente der 60/70er Jahre hatten ihre Zeit. Extatische und sphärische Musik, Partys und Selbstfindungsdrogen gehörten zu Flower-Power Ära. Die steigende Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Belastungsstörungen, bezeugen jedoch, das unsere heutige Welt immer noch chaotisch ist, Menschen überfordert, dass Stress und Sinn-Suche ein alltägliches Problem darstellen.
Es ist zwar nicht mehr nötig mit Ayahuasca oder Pilzen in Psychedelic-Reatreats dem Chaos der Großstadt zu entkommen, aber es geschieht, ist ein Teil unserer Realität. Dieser Schamanische Weg kann jedoch nicht der Weg des Taiji und Qigong sein.
Jedem Übenden im Taijiquan oder Qigong sollte klar sein, dass solch eine Grenzerfahrung, selbst eine momentane Koketterie mit dem Rausch kein Problem darstellt, jedoch die Erhabenheit der Kontrolle und Regulierung meiner Sinneswahrnehmungen das eigentliche Ziel der Übung ist.
Hier zeigt sich, dass wir erwachsen sind und unsere Körperbewusstheit trainieren.
Vielleicht ist es nicht zeitgemäß sich so für die Beherrschung unserer Sinneswahrnehmungen einzusetzen, wo neben einer Drogenszene auch noch Adrenalinjunkies, unreglementierte Action-Videos im Fokus des öffentlichen Interesses liegen. Es mag modern sein und spannend, aber noch lange nicht gesund.
Das Vorrecht der Jugend ist es sich in vielfältiger Weise, körperlich und geistig zu erproben. Ebenso mag es bei Erwachsene zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen, Grenzerfahrungen zu erleben. Mut ist eine Primärtugend. Spielerisch Grenzüberschreitungen riskieren, sollten wir bewusst, kontrolliert und ohne ein schlechtes Gewissen.
Vielleicht mit einem Lächeln.
the centre and the sense of balance
bebartel_ © 08-2019